RED ROOM DINER (2003)
‚Das Duo Anja Kreysing/Kai Niggemann aus Münster legt mit „Red Room Diner“ sein Debut-Album vor: Wir hören zerfetzte Schifferklaviere, einen Haufen Beeps und Clongs, aber keine „intelligent dance music“. Denn hier haben sich unter dem Motto „Intelligenz erfordert Gegenmaßnahmen“ zwei Frickler zusammengefunden, um dem Hörer unserer Tage seinen Horizont zu erweitern. Wer allerdings nach dieser Ansage nun tumben Techno erwartet, wird ebenfalls enttäuscht, denn die 10 Tracks (inklusive Hidden Track “Infinity”) auf 45 Minuten Länge sind in ihrer Einzigartigkeit eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Es ist ein Album, das von Menschen gemacht wurde, die jede Menge Schostakowitsch, Nine Inch Nails, Skinny Puppy aber auch Ufa Schlager und europäische Volksmusik zu ihren Einflüssen zählen.
Wer so unbeeindruckt hört, was ihm gefällt, tobt sich auch auf seiner Platte gehörig aus. Neben englischen sind französische und arabische Sprachfetzen zu hören, an bombastischen Klängen wird an gegebener Stelle nicht gespart, und frech fräst sich der ein oder andere Track auch als Ohrwurm in die Gehirnwindungen. Die Akkordeonklänge zeichnen das Album am meisten aus und sind deutlichster Indikator für den Mut zum Außergewöhnlichen. Sie ziehen sich als roter Faden durch das gesamte Album, was deutlich dazu beiträgt, in der auf den ersten Blick unübersichtlich erscheinenden Musik Halt zu finden. Obwohl einzelne Stücke deutlich die drei-Minuten-Grenze sprengen, wird die Geduld des Hörers durch die 45 Minuten Länge nicht überstrapaziert.
Es ist erfreulich, daß dem Hörer hier zugetraut wird, sich mit selten Gehörtem, Gewöhnungsbedürftigem anzufreunden. Tatsächlich ist es also möglich, ein kluges und sogar sensibles Album wider dem Theorie-Terror zu machen. Begeisterungsfähig die Macher, denen Musik durchs Herz und nicht durch den Kopf geht, begeisterungsfähig die Hörer, die in Resonators Beatschußlinie geraten.‘
(von Hanna Engelmeyer, Autorin aus Berlin)