„Der Untergang des Hauses Usher“ – Review Westfälische Nachrichten

„So., 28.02.2016
Filmkonzert: „Der Untergang des Hauses Usher“ in der Stadthausgalerie
Wie eine traurige Traumfantasie 

Von Arndt Zinkant / Foto Arndt Zinkant

Münster – Es pfeift und pfeift und pfeift. „Der Untergang des Hauses Usher“ kommt umtost von Sturmböen daher, welche Vorhänge zerzausen, Baumwipfel verbiegen und Haare verwehen. Edgar Allan Poes berühmte Geschichte wurde am Freitag in der Stadthausgalerie als Stummfilm präsentiert, untermalt von mächtig wogenden Sound-Effekten aus dem Rechner, die die Musikerin Anja Kreysing vorab punktgenau auf eine Tonspur gelegt hatte. Von wegen Stummfilm!

Aber das war nicht alles. Anja Kreysing legte dann live noch Akkordeon-Klänge darüber, die den Sog der Töne bereicherten um eine oft hypnotische Aura, wie sie die Melancholie einer Quetschkommode mühelos erzwingt. Traurig kündeten diese Klänge von Vergänglichkeit und hüllten die morbiden, teils gruseligen Filmbilder wie einen Schleier ein.

Das zweite „Auswärtsspiel“ in der Stadthausgalerie. Nach dem bizarren Schelmenstreich „Nosferatu“ (mit dem Theaitetos Trio) am Dienstag war die Poe-Verfilmung (1928) von Jean Ep-stein in jeder Hinsicht Kon-trastprogramm. Ein Filmkonzert wie eine traurige Traumfantasie. Ein Film fast ohne Handlung – mit einer Musik, die ihre melancholische Stimmung kaum variierte. Dem musste man sich einfach überlassen und sich in die Welt von RoderickUsher „hineinwehen“ lassen.

Usher, der übersensible, degenerierte Künstler, malt im spukigen Familien-Schloss seine Frau Madeline, die an einer seltsamen Krankheit leidet. Im Verlauf der Handlung wird sie lebendig begraben – befreit sich am Ende aber aus der Gruft. Die Filmversion von Epstein (mit Luis Buñuel als Co-Autor!) weicht deutlich von Poes Story ab: Dort nämlich fehlt das Gemälde von Madeline, die außerdem nicht die Ehefrau, sondern die Schwester Rodericks ist. Einerlei: Was zählt, sind die starken, unheimlichen Bilder, die Anja Kreysing oft in eine sehr lange, sehr französisch klingende „Valse triste“ taucht. Und wenn die Uhr schlägt oder Buchseiten knistern, klingt dies so anspringend echt, als wäre man mittendrin im modrigen Hause Usher.“

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